Europäische Erntehelfer sind für die Schweizer Landwirtschaft unverzichtbar

Oliver - Team s+v
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8 April 2020 Temps de lecture: 3 minutes
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Erntehelfer
Aufgrund der Corona-Pandemie bleiben viele Erntehelfer aus dem EU-Raum der Schweiz fern. Und dies ausgerechnet jetzt, wo hierzulande auf den Feldern viel Arbeit anfällt. Ungeübte Arbeitssuchende helfen zwar dabei, grössere Engpässe zu verhindern. Sie können die professionellen Hilfskräfte aber nicht ganz ersetzen. Die aktuelle Krise zeigt: Europäische Saisonarbeitende sind für die Schweizer Landwirtschaft unverzichtbar. Dank der Personenfreizügigkeit können sie im Normalfall rasch und unbürokratisch rekrutiert werden.

Im Schweizer Gemüseanbau beginnt Anfang April die Erntesaison. So steht derzeit unter anderem die Spargelernte an, die ersten Rhabarbern sind reif und auch Kartoffeln müssen jetzt gepflanzt werden. Es fällt momentan also viel Arbeit an bei Schweizer Landwirten. Umso dringender ist die gewohnte Unterstützung durch ausländische Erntehelfer. Doch gerade in dieser wichtigen Zeit bleiben die benötigten Hilfskräfte nun der Schweiz fern. Viele wollen wegen der Corona-Pandemie ihre Familien nicht verlassen. Andere können aufgrund der Einschränkungen an den Grenzen zumindest vorübergehend nicht einreisen. Sowohl inländische als auch deutsche Gemüseproduzenten sprechen bereits von einer möglichen Versorgungslücke, falls nicht rasch zusätzliches Personal rekrutiert werden kann. Und auch der Schweizer Bauernverband (SBV) macht sich Sorgen aufgrund des Mangels an ausländischen Arbeitskräften.

Geübte Erntehelfer sind sehr schwer zu ersetzen

An Vorschlägen und Ideen zur Behebung des Fachkräftemangels fehlt es zwar nicht. Doch die Zeit eilt: Was jetzt nicht geerntet werden kann, geht verloren. Und was nicht rechtzeitig gesät wird, kann später nicht geerntet werden. Der SBV hat deshalb eine nationale Vermittlungsplattform geschaffen und der Schweizer Obstverband sowie der Verband Schweizer Gemüseproduzenten arbeiten neu mit der Personalverleihplattform Coople zusammen. Die Arbeitszeiten der anwesenden Erntehelfer werden verlängert, Arbeitskräfte unter den Bauern ausgetauscht. Zudem gilt für Hilfskräfte im Gemüsebau seit diesem Jahr die Stellenmeldepflicht bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren.

Trotz allem ist es schwierig, geübte Hilfsarbeitende durch branchenfremde zu ersetzen. Genügend Arbeitssuchende auf die Felder zu bringen, das braucht Zeit. Die Arbeit ist hart, repetitiv, benötigt viel Ausdauer, Übung und findet bei jeder Witterung statt. Der Mindestlohn liegt bei 3’300 Franken pro Monat und es werden bis zu 55 Stunden pro Woche gearbeitet. Obwohl das grosse Interesse von arbeitswilligen Neulingen sehr geschätzt wird, zeigen die Erfahrungen der Bauern mit Langzeitarbeitslosen: Nur wenige beissen durch, viele kommen nach zwei bis drei Tagen nicht mehr zur Arbeit.

Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe arbeiten seit vielen Jahren mit den gleichen saisonalen Hilfskräften aus Rumänien, Polen, Portugal oder Spanien zusammen. Diese bringen das erforderliche Fachwissen mit, kennen die Eigenheiten der Betriebe und verfügen über den nötigen Durchhaltewillen. Hinzu kommt, dass Gemüseproduzenten für die ganze Saison Verstärkung benötigen. Sobald die Kurzarbeit ausläuft und die branchenfremden Ersatzkräfte wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, fehlen diese bei der Feldarbeit erneut. Unerfahrene Neulinge können die professionellen Erntehelfer also nicht ersetzen, verhindern aber zumindest kurzfristig grössere Versorgungsengpässe.

Schweizer Bauern sind auf Personenfreizügigkeit angewiesen

Die Bauern haben den Bund bereits gebeten, die Einreisebeschränkungen für arbeitswillige ausländische Erntehelfer baldmöglichst zu lockern. Ferner hat die EU-Kommission die EU-Mitgliedstaaten im Zuge der Corona-Krise dazu aufgerufen, Erntehelfer ausdrücklich als systemrelevante Arbeitskräfte zu betrachten und diese von den geltenden Reiserestriktionen auszunehmen.

Gemäss Schätzungen des SBV aus dem Jahr 2018 sind in der Schweizer Landwirtschaft bis zu 35'000 europäische Arbeitskräfte beschäftigt. Die Mehrheit davon verfügt über Arbeitsverträge mit kurzen Laufzeiten von drei bis neun Monaten. Dank der Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU im Jahr 2002 wurden derartige Anstellungen deutlich erleichtert. Zudem stellen die 2004 eingeführten flankierenden Massnahmen sicher, dass die geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen der Schweiz eingehalten werden. Dies war vor Einführung der Personenfreizügigkeit noch nicht der Fall.

Die Schweizer Landwirtschaft profitiert massiv von der Personenfreizügigkeit, die eine unkomplizierte und rasche Rekrutierung von temporären Arbeitskräften aus dem EU-Raum ermöglicht. Der SBV äusserte sich 2018 unmissverständlich: «Eine produzierende Landwirtschaft ist auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen». Schade, dass sich der Verband wegen seiner Nähe zur SVP trotzdem nicht zu einer Nein-Parole gegen die Kündigungsinitiative durchringen konnte.

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